Rückwärts fliegende Möwen, Tag 1 von Porto nach Vila do Conde

Die Nacht war wie erwartet etwas geräuschvoll und kurz. Bin um 5:30 Uhr aufgewacht und freiwillig aufgestanden. Mit dem ersten Kaffee (ja, wir haben einen Wasserkocher und Instantkaffee dabei 🙈), hab ich auf dem Minibalkon die noch übrig gebliebenen Nachteulen auf der Straße beobachtet. Scheinbar geht man in Porto erst bei Morgengrauen nach Hause, es sei denn man ist alt oder „Pilger“, oder beides 😂

Biggi ist auch um kurz vor 6 aus dem Bett gekrochen. Nachdem wir uns beide recht flott fertig gemacht und die Rucksäcke gepackt haben, sind wir bereits um 6:30 Uhr in den Bus gehüpft (wenn man es so nennen kann) und ließen uns zu unserem Startpunkt shutteln.

An der Station Matosinhos wurden wir mit ein paar anderen Pilgern ausgespuckt und haben nach anfänglichen Orientierungsschwächen aber dann doch den richtigen Weg gefunden. Wie Kinder freuten wir uns über den ersten Wegehinweis und den Anblick des Meeres.

Gefühlt nach hundert Fotos haben wir die ersten Meter, in der aufgehenden Sonne, der ca. 260 der vor uns liegenden Kilometer angetreten. Schritt für Schritt, mal mit und mal ohne Stöcke, Rucksack mal mehr auf der Hüfte oder den Schultern haben wir uns langsam eingegroovt. Der Plan war, nach ca. 5 Kilometern sich den ersten Kaffee als Belohnung zu gönnen. Allerdings haben die Portugiesen scheinbar morgens besseres zu tun, als für ein paar kaffeebedürftigen Pilger die Bar zu öffnen. So sind wir, weiterhin optimistisch, an einer nach der anderen geschlossenen Strandbar vorbei maschiert. Wir waren guter Dinge und haben den Morgen und die Eindrücke die auf uns eingestürmt sind genossen.

Um kurz nach 10 Uhr, bei Kilometer 9 war es dann endlich soweit!!! Unser erstes echt verdientes Caminofrühstück. Besser hat noch kein Kaffee geschmeckt und dazu ganz traditionell Pasteis de Nata. Auch gaaaanz wichtig: den ersten Stempel für unseren Pilgerausweis gab es auch ☺️

Nach ca. einer guten halben Stunde haben wir uns wieder auf den Weg gemacht. Dieser verlief meistens direkt am Meer und war wunderschön, auch wenn uns der Wind teilweise ordentlich um die Ohren gepfiffen hat!

Biggi hat sogar rückwärts fliegende Möwen entdeckt 😉 man kann alles auf dem Camino erleben. Und seltsame Typen hängen hier auch rum!

Nach gut 2/3 der Strecke, so bei Kilometer 18 sind wir dann wieder eingekehrt um uns ein kleines Mittagessen und ein Radler zu gönnen. Einem Portugiesen auf Spanisch zu erklären was wir möchten war nicht ganz leicht, aber hat funktioniert.

Zwischenzeitlich kamen auch die ersten Ermüdungserscheinungen: der Rucksack wurde immer schwerer, die Oberschenkel haben sich zu Wort gemeldet, aber vor allem Biggis Knie gab kurz Anlass zur Sorge. Mit ner Ibuprofen und Deep Blue ging es dann aber zum Glück recht schnell wieder besser und so haben wir zum Endspurt angesetzt.

Kurz vor dem Ziel: Wanderweg gesperrt, kein Zugang!!! Also gab es zwei Varianten: Umweg über Straße oder direkter Weg über die Dünen und den Strand. Wir entschieden uns für die kürzere, aber auch anstrengendere Variante über den Strand. Die Dünen anschließend wieder hoch, mit bereits 20 Kilometern in den Knochen und Muskeln…. Holla die Waldfee, was können Oberschenkel brennen 😂

Um kurz nach 15 Uhr sind wir dann endlich völlig erschöpft in Vila do Conda angekommen und haben uns die letzten Meter zum Hotel die Straße hochgeschleppt. Stolz und glücklich haben wir unser kleines Zimmer bezogen, geduscht, Klamotten ausgewaschen und direkt wieder los Richtung Strand. Dort konnten wir ein schönes Plätzchen an der Strandbar ergattern und mit den Füßen im Sand ein Radler genießen - herrlich.

Auf der Suche nach einen geöffneten Restaurant, das erschwingliche Preise für so arme Pilger anbietet, sind wir durch die halbe Stadt gerannt, hm, nein eher geschlichen und am Ende dort fündig geworden. Die auf deutsch übersetzte Karte war etwas skurril, sodass wir „Schwiegermutters Muskelmagen“, die „Eintrittsgebühr“ und die „abfuhrende Kombination der Trüffel Austern“ verschmäht haben und kurzerhand einen Burger bestellt haben. Kann man ja nix falsch machen (auch wenn anstatt der Pommes dann Chips als Beilage serviert wurde).

Nach insgesamt 29 Kilometern Laufpensum sind wir völlig kaputt ins Bett gefallen und fast direkt ins Koma gefallen.

ach ja: in der Strandbar hab ich dann auch rückwärts fliegende Möwen gesehen 😉

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